Bild 120, 100x100cm, 2014 Bild 120, 100x100cm, 2014
Bild 147, 100x120cm, 2016 Bild 147, 100x120cm, 2016
Bild 131, 70x70 cm, 2015 Bild 131, 70x70 cm, 2015
Bild 154, 80x60 cm, 2016 Bild 154, 80x60 cm, 2016
Bild 143, 80x60 cm, 2016 Bild 143, 80x60 cm, 2016
Bild 171, 30x24 cm, 2016 Bild 171, 30x24 cm, 2016
Bild 183, Good-Vibrations, 70x120cm, 2017, Acryl auf Leinwand Bild 183, Good-Vibrations, 70x120cm, 2017, Acryl auf Leinwand
Aus der Laudatio von Dr. Antje Lechleiter zu „Die FARBE macht den KLANG“, Malerei von Marianne Emmenegger und Diethild Herbolzheimer-Böttner im Rathaus Schloss Büningen Umkirch, 24. Januar 2018
 
„Marianne Emmenegger sieht sich nicht als abstrakt arbeitende Künstlerin. Denn in ihrer Kunst gibt es zwei wichtige Ausgangspunkte: Die Musik und die Natur. Ein Klang, den wir hören, ist so real vorhanden wie das, was wir in der Natur sehen. Von dieser Überlegung ausgehend, ist Marianne Emmenegger zu einer Ausdruckform gelangt, welche beide Bereiche in ihren Kompositionen zwar abstrahierend - aber nicht abstrakt! - vereint. Natürlich assoziiert man besonders bei diesen grünen, orangen und den grün-orangen Bildern das Wachsen von Pflanzen und die volle Farbenpracht von Blüten. Bei der Abbildung Ihrer Einladungskarte mit dem Titel "Lied eines Baumes" könnte man aber auch an die kleinteiligen Strukturen von Zellschnitten oder an Mikroorganismen denken.
Was wir in all diesen Werken aber auch erspüren ist ihre Liebe zur Tonkunst. Die Wirkung der leuchtenden Farben und fein verwobenen Strukturen beschränkt sich nicht auf in der Natur gewonnene Eindrücke, sie formen auch Klänge und Rhythmen, die wir aus der Musik kennen. Die Künstlerin macht also einen Beobachtungsvorgang und ein Hörerlebnis sichtbar, ihre Bilder entstehen aus dem Erleben, aus dem Akt sinnlicher Wahrnehmungen heraus. Sie haben das dabei Empfundene zum Inhalt und so stehen Prozesse jenseits der Zeitlichkeit im Zentrum ihres Interesses. Marianne Emmenegger holt die Welt ins Bild und lässt dort gleichzeitig eine eigene Welt entstehen, in der wir beides finden: Unmittelbare Nähe und größte Ferne. Dieser Aspekt ist in ihrer sog. "all-over" Malerei angelegt und meint, dass das Bild weder einen zentralen Brennpunkt noch einen dominierenden Bereich aufweist. Die Bildoberfläche wächst in den Raum und endlos könnten sich diese Kompositionen über die Ränder der Leinwand hinweg fortsetzen.
Vor einigen Jahren setzte ein gewaltiger Transformationsprozess in den Werken der Künstlerin ein. Ihre Formate wurden größer, aber sie begann auch damit, alte Bilder aus den Jahren ab 2003 zu übermalen. Damit sind wir nochmals beim Thema "Zeit" angelangt, denn indem frühere Kompositionen einbezogen werden, setzen diese das normale Zeitschema mit einer chronologischen Einteilung in einzelne Werkabschnitte außer Kraft. Zeit wird hier vielmehr in eine Bild-Zeit-Dimension geschichtet.
In bis zu 50 Schichten liegt die Acrylfarbe auf den Kompositionen übereinander, und während des intensiven Arbeitsprozesses werden die Farben so lange auf- und wieder abgetragen, bis eine 3-D ähnliche Wirkung entsteht. Während sie sich anfänglich noch auf der Leinwand austobt, in verschiedensten experimentellen Techniken schwelgt, verlangsamt sich das Tempo gegen Ende des Gestaltungsprozesses drastisch. Mehr und mehr sind nun höchste Präzision, Geduld und Ausdauer gefragt, kleinteilig und fein werden die farbigen Strukturen jetzt verwoben und es entstehen zarte Schlieren. Dieser letzte Arbeitsschritt gibt einen weiteren wichtigen Hinweis auf etwas, das der Künstlerin grundsätzlich wichtig ist: Nämlich das genaue Hinsehen und Hinhören, das Warten, bis der große Schlussakkord auf dem Bild erklingt.
Man mag es kaum glauben, doch die Künstlerin arbeitet mit einer sehr kleinen Farbpalette, teilweise kommen nur zwei Farben plus Weiß zum Einsatz. Alle anderen Töne werden gemischt, so dass eine reiche Fülle von unterschiedlichen Intensitäten entsteht. Monochromie, also Einfarbigkeit gibt es bei ihr nicht. Denn in unserem Vorgespräch betonte die Künstlerin, dass kein Klang entstehen kann, wenn die Kontraste, also das Stumpfe und das Spitze, das Tiefe und das Hohe fehlen. Dass Marianne Emmenegger auch hinsichtlich ihrer Farbenwahl sehr experimentierfreudig ist, können Sie im oberen Stockwerk sehen. Dort kommt ein fluoreszierendes Blau zum Einsatz, das sehr stark auf Schwarzlicht reagiert. Auf diese Weise hat sie den Himmel unter das Dach Ihres Rathauses gebracht.“
Aus dem Kulturteil der Badischen Zeitung vom 4.11.2015 von Kunsthistorikerin Dr. Antje Lechleiter, „Farben und Klänge...
Inzwischen arbeitet Marianne Emmenegger in Acryl auf Leinwand und großformatiger als je zuvor. Schnell geht bei ihr gar nichts, bis zu 50 Schichten liegen auf ihren Werken übereinander, und während des intensiven Arbeitsprozesses werden die Farben so lange auf- und wieder abgetragen, bis eine 3-D ähnliche Wirkung entsteht. „Vom Klang der Bilder“ lautete einmal der Titel einer großartigen Stuttgarter Ausstellung über die Musik in der Bildenden Kunst. Die Liebe zur Tonkunst kann man auch in den Bildern von Marianne Emmenegger erspüren. Ihre leuchtenden Farben und fein verwobenen Strukturen formen Klänge und Rhythmen, die sich im Auge eines fantasievollen Betrachters weit über die Ränder des Formats hinaus ausdehnen können.“
Aus der Eröffnungsrede zur Ausstellung „Tuschezeichnungen“ im Rathaus Schloss Büningen Umkirch von Kunsthistorikerin Dr. Antje Lechleiter, 10.07, 2013 „....Blicken wir auf die ausgestellten Zeichnungen, so wird schnell klar, dass die Motive ihrer Werke – bei aller Abstraktion – wirklich aus der Natur kommen... Vieles von dem, was sie heute sehen, entsteht an einem eher ungewöhnlichen Ort: Die mit dem schwarzen Tuschefineliner gezeichneten Konturen entstehen nämlich oftmals auf der Reise, während einer längeren Zugfahrt….. Alleine diese Tatsache offenbart viel über die Vorgehensweise der Künstlerin. Im Zug darf die Hand nicht zögern, der Strich muss zügig geführt werden, und Frau Emmenegger bestätigte meinen Eindruck; schnell gleite ihre Hand hier über das Blatt. Aus der Tatsache, dass das Zugabteil oftmals als Atelier dient, erklärt sich im Übrigen auch das kleine Format der Blätter. Der 15 x 15 cm große Block muss in die Handtasche passen. Soviel zum ersten Teil der Bildentstehung, denn der Auftrag der Farbe kommt später, er erfordert ruhigere Rahmenbedingungen und hier darf nichts dem Zufall überlassen werden.
Der Künstlerin ist es interessanterweise wichtig, dass ihre farbigen Blätter weiterhin als Zeichnungen empfunden werden. Die Kraft der Linie soll trotz der leuchtenden Farbigkeit dominierendes Element bleiben. Wenn Sie genau hinsehen, werden Sie merken, dass sie ihre Flächen nicht gleichmäßig mit dem farbigen Tuschemaler ausfüllt, sondern mit dessen Pinselspitze feine Linien nebeneinander fügt. So ist auch die Farbfläche letztendlich Zeichnung! Die Künstlerin beginnt zumeist in der Mitte zu zeichnen und füllt dann das gesamte Blatt, so dass vom weißen Blattuntergrund nichts mehr übrig bleibt. Die gesamte Komposition ist Farbe und Linie, die Verteilung von Hell und Dunkel sowie der Farbcharakter entscheiden über die Stimmung des jeweiligen Bildes.
Auch wenn Marianne Emmenegger also Stilmittel der Abbildung benutzt, so bildet sie doch nie ab. Durch die Erinnerung an das Beobachtete gefiltert, entstehen neue, oft phantastische und surreale Bildwelten, die sich einer verbindlichen Deutung entziehen. Denn was passiert hier nicht alles. Auf den Werken von Marianne Emmenegger sprudelt, schwebt, wuchert, fliegt und klingelt es, skurrile Formungen platzen auf, groteske Gewächse erobern das Bildfeld, die Phantasie treibt wilde Blüten. Wenn man genau hinsieht, kann man beobachten, wie in einer Komposition etwas auffliegt, das in der nächsten wieder eingefangen wird. Beim Gang durch die Ausstellung können wir diesen Fortsetzungsgeschichten von Bild zu Bild zu lauschen.
Ein Baum, ein Windrad – oft ergeben sich Assoziationen, die sich bei genauerer Betrachtung aber nicht einlösen lassen, immer wieder gibt es Irritationen, Unstimmigkeiten. So finden wir auch keine einheitliche Perspektive, manche Kompositionen verfügen zwar über so etwas wie eine Horizontlinie, doch es gibt nicht nur blaue, sondern auch gelbe und orangefarbene Himmel. Neben Grün sind dann noch besonders braune Farben und Erdtöne wichtig. Doch selbst wenn sich durch diese Farbigkeit Elemente einer Natur im Zerfall ergeben, so ist es doch stets eine heitere Welt, die sich uns hier offenbart.
Die Künstlerin macht einen Beobachtungsvorgang sichtbar, denn zweifellos entstehen diese Bilder aus dem Erleben, aus dem Akt der Wahrnehmung heraus, doch sie haben weniger das Gesehene als das Empfundene zum Inhalt und im Zentrum ihres Interesses stehen Prozesse jenseits der Zeitlichkeit. Sie holt die Welt ins Bild und lässt dort gleichzeitig eine eigene Welt entstehen. So finden wir beides: Unmittelbare Nähe und größte Ferne. Man muss nicht wissen, dass Marianne Emmenegger neben Germanistik auch Musik an der Pädagogischen Hochschule studiert hat, um zu erkennen, dass das Thema Rhythmus ein weiterer wichtiger Bestandteil ihrer Werke ist. Vielleicht kennen Sie die hier allerdings nicht ausgestellten, extrem dynamischen Tuschezeichnungen aus ihrer Gruppe der „Notationen“. Ohne wirklich Notenschrift zu sein, agieren diese nahe an einer solchen. Und auch hier, bei unseren farbigen Tuschezeichnungen finden wir Vergleichbares. Denn diese Blätter handeln vom Rhythmus einer Struktur, eines Striches, vom Rhythmus des Zeichenprozesses. Vergleichbar dem Crescendo und Decrescendo in der Musik entstehen an- und abschwellende Strichfolgen, welche sowohl die Kraft und Energie als auch die Ruhe der Natur bildhaft machen.
Die weit ausgreifenden Linien bilden oftmals ein Geflecht, ein Netzwerk. So entsteht der Eindruck einer kubischen Verschachtelung in der alle Striche in permanenter Abhängigkeit voneinander agieren. Wir denken an ein Kräftemessen, an den Vorgang des Ziehens und Schiebens. Schluchten tun sich auf, berichten über ihre Entstehung, und dann gibt es aber auch isolierte Felder, die frei im Raum schwebende Inseln bilden und ein wenig an Glasfenstergestaltungen erinnern. Das Thema von Marianne Emmenegger ist also auch die Veränderung, in ihren Tuschezeichnungen macht sie Vorgänge, Prozesse sichtbar und verbildlicht wie in einem Zeitraffer Naturkräfte, die auf unsere Umgebung eingewirkt und sie verändert haben. Diese Freilegung des „Inneren der Natur“ spielt sich in einer traumhaft verwandelten Form ab. Doch wie wir hier sehen, kann auch die Poesie eine kraftvolle, entschlossene Handschrift vertragen. So hat die Künstlerin eine ganz unverwechselbare und eigene Zeichensprache entwickelt und damit ein adäquates Aufzeichnungssystem gefunden, das diese Balancen, Spannungen und Entladungen festzuhalten vermag...“
 
Marianne Emmeneggers Werkgruppe der farbigen Tuschezeichnungen entstehen seit dem Jahr 2009. Sie tragen keinen Titel, sind rückseitig mit der laufenden Nummer der Werkreihe bezeichnet und signiert.
Ulrike Düwell, Badische Zeitung vom 1.12.2009 „Die Künstlerin, die nicht nur als Malerin, sondern auch als Musiklehrerin tätig ist, sagt von sich, dass sie den ´Rhythmus einer Landschaft` hört. Ihre Bilder, halb-abstrakte Landschaftsansichten, leben aus diesem Rhythmus. Neben den malerischen Arbeiten zeigt sie Tuschezeichnungen aus der Gruppe ihrer ´Notationen`, die durch einen sehr dynamischen Charakter auffallen und tatsächlich nahe an einer musikalischen Bewegung sind, ohne formal wirklich auf Notenschrift zurückzugreifen. Einzelne wie aufs Blatt tropfende Formen erscheinen, aber auch fließende, strudelnde Bewegungen, Gruppen von Zeichen, bei denen man sich gut den Einsatz eines ganzen Orchesters vorstellen kann.“
Hans-Dieter Fronz, Badische Zeitung vom 2.01.2008 „Es sind Fantasielandschaften, […] Landschaften des Inneren. Zwar lassen sich auf einzelnen Bildern durchaus konkrete Landschaftselemente wie Baum, bergige Höhen oder spiegelndes Wasser unterscheiden. Doch die leuchtenden Farben und der flirrende Pinselduktus spielen noch in ein träumerisches Zwischenreich hinüber, darin sich die harten Konturen des Realen auflösen. Dort begegnen sie sich mit impressionistisch erblühenden Blumenstillleben, die sich nicht minder weit von der Natur entfernen. Dass bei manchen Bildern gar nicht eindeutig zu entscheiden ist, ob es sich um eine Landschaft oder ein Stillleben handelt, enthüllt das Verschweben dieser Malerei in die Abstraktion als heimlichen Fluchtpunkt der Landschaften wie der Stillleben.“
Susanne Meier-Faust MA, Kunsthistorikerin und Kunstvermittlerin, 30.10.2007  „Immer wieder erreichen die Bilder von Marianne Emmenegger unsere Wahrnehmung mit einem bestimmten Bildaufbau, der Vorstellungen einer gebauten oder festgefügten Räumlichkeit hinterlässt. Es zeigen sich geschwungene und hintereinander gestaffelte Mauern und Wände, Schluchten und Abgründe tun sich auf und sind doch nur malerische Flächen und nebeneinander wie gebaut wirkende Farbsetzungen, die je nach Farbwahl wie kristalline Auswüchse oder wie lavaartige Ausbrüche anmuten können.
 
Diese beschreibenden bis deutenden Hinweise bewegen sich in einem Vorstellungsraum, der mit einem assoziativen Begriff von Landschaft verbunden ist. Die Malerin versteht ihre Bildschöpfungen als Annäherungen an Natur, ohne in die Nähe einer abbildhaften Malweise zu geraten. Dieser Distanzvorgang im Arbeitsprozess ist eine besondere Leistung im Rahmen der künstlerischen Neuschöpfung, denn wir sind verständlicherweise alle ständig auf der Suche nach Wiedererkennbarem und damit nach dem Vertrauten, in dem wir uns zurechtfinden.
 
Nicht zuletzt der Farbcharakter mit den unterschiedlichen Helligkeiten entscheidet über die Stimmung und Wahrnehmung der Bilder. In den größeren Formaten tritt uns eine fremde Welt gegenüber, zum Teil mit surrealen Elementen aufgeladen, die in Irrgärten und in Farbdschungel zu führen scheinen.“